Rosenkönigin
Unter Dornen und Schnee und Eis,
schläft ein Mädchen schön und weiß.
Ein kalter Hauch hat sie gebannt
und mit ihr schläft das ganze Land.
Weiß verträumen Wald und Flur,
ein stiller Hirsch zieht seine Spur,
durch die Nacht und Einsamkeit,
es ist des Winters dunkle Zeit.
Spinn, spinn, du Spindel mein,
führe mir den Freier heim.
Flink wie von Geisterhand,
springe über Fluß und Land.
Spinn, spinn, ein Fädelein,
gold wie lauter Sonnenschein,
gold, so hell wie lichter Tag,
das er mich erwecken mag!
Seht! Ein Sonnenstrahl blitzt hell herab.
dringt wärmend in das Erdengrab,
küßt der Schönen den Rosenmund,
erweckt sie aus dem kühlen Grund.
Kühner Jüngling mit Sonnenhaar,
den die lange Nacht gebar,
schlag die Dunkelheit, das Eis entzwei,
so wird die schöne Jungfrau frei!
Web, web, du Schifflein mein,
webe einen Teppich fein,
Wald und Wiesen, zartes Grün,
darinnen tausend Blumen blühn.
Web, web, du Schifflein mein,
web auch Hirsch und Vögel hinein,
Lebensbaum und all Getier,
webe flick den Garten mir.
Als die Holde tritt ins Licht hinaus,
treibt der Dornenbusch Rosen aus,
und sie reicht dem Jüngling ihre Hand,
und mit ihr blüht das ganze Land.
Rosenkönigin, oh schöne Maid,
das Blütenweiß sei den Hochzeitskleid.
Blumen winden wir zum Ringelein,
es soll des Maien Kränzleich sein
Feins, feins Ringelein
und das soll dein Zauber sein:
Lebenskraft und Blütentraum
früchtevoll der Lebensbaum
Feins, feins Ringelein,
und das soll dein Zauber sein:
Äpfel, Nüsse, Ährenfeld,
goldnes Leben in der Welt.
© Swantje Swanhwit
Die Rosenkönigin ist die Erdgöttin, die im Frühjahr von dem Sonnenjüngling aus ihrem Winterschlaf geweckt wird. Mit ihr erwacht das ganze Land zu neuem Leben. Die Rose ist seit Urzeiten ihr Sinnbild (später auf Maria übergegangen). Märchen wie "Dornröschen" oder "Spindel, Weberschiffchen und Nadel" haben mich zu diesem Lied inspiriert.