Eiszeit

Um die ausgekühlten Herzen

klammert hart des Winters Reif.

Aus den kalten Menschenblicken

fröstelt stumm die neue Zeit.

 

Philosophen. Dichter. Denker.

Schlafen in Vergessenheit.

Auf die alten, dicken Bücher

hat der Staub ganz leis geschneit.

 

Eis versiegelt alte Quellen.

Abgerissen, kahl der Baum,

der einst grünte. Früchte schenkte.

Stand in süßer Blüten Flaum.

 

Jugendfeuer? Sind verloschen.

Mut? Erlahmt im harten Frost.

Und die Schwingen kühner Träume?

Festgefressen durch den Rost.

 

Schatten wehen her von Ferne.

Dunkelheit sinkt übers Land.

Ihrer Macht zu widerstehen

ist zu schwach die klamme Hand.

 

Eingefroren, matt die Seelen,

irrend blind in bunte Sucht.

Diesem Winter auszuweichen,

sind sie immer auf der Flucht.

 

Grelle Bilder. Lärm. Gelüste.

Hektik, die das Herz betäubt.

Und der Geist wird eingelullet,

daß er sich nicht wehrt, nicht sträubt.

 

Wo ist die Sonne, Sonnenkinder?

Wurden fürs Licht wir nicht geborn?

Wer kann in Finsternis gedeihen?

In dieser Kälte, totgefrorn?

 

Wachet auf, das Licht befrein!

Brecht des rauhen Winters Macht!

Laßt die Brunnen wieder rauschen
nach der langen Fimbul-Nacht.

 

Auf! Verjagt die kalten Schatten!

Und vertreibt den dunklen Mord!

 

Leise! ... Hörst du sie nicht kommen?

Schwäne kehren heim, gen Nord.

 

 

 © Swantje Swanhwit, 2001